Sachverhalt:

 

Im Zuge des Beteiligungsverfahrens zum Entwurf der Verordnung zur Änderung der Verordnung über das Landesentwicklungsprogramm Bayern (LEP) vom 14. Dezember 2021 schließt sich der Markt Isen der Stellungnahme des Bayerischen Gemeindetages in weiten Teilen an:

 

Wir sehen die begründete Gefahr, dass die durch den Verordnungsgeber nunmehr verfolgte Idee einer Landesentwicklung

  • einen weitestgehenden Entwicklungsstopp für zahlreiche Grundzentren, Landgemeinden und deren Ortsteile zur Folge hat;
  • zu einer weiteren Belastung und Überhitzung von angespannten Verdichtungsräumen führt und
  • durch immer weitergehende Begutachtungsanforderung in Planungsprozessen eine

„Bau-Entschleunigung" herbeigeführt wird.

 

Denn die diesbezüglichen Festlegungen zementieren bei genauer Analyse nachfolgende Prinzipien:

  • Entwicklung nur noch dort, wo alle denkbaren Infrastrukturen vorhanden sind.
  • Keine Entwicklung dort, wo einzelne Infrastrukturen fehlen.
  • Eine uneingeschränkte Pflicht zum Vorrang der lnnenentwicklung bei damit verbundenem Stopp der Außenentwicklung.
  • Eine bisher nicht dagewesene Konzentration auf die Zentren, Verdichtungsräume und Ballungsräume.
  • Eine Pflicht zur Begutachtung und räumlichen Abstimmung in jeglichem Planungsprozess.

 

Derartige Leitgedanken können nach unserem Dafürhalten nicht im Interesse einer ausgewogenen und fairen, vom Subsidiaritätsprinzip getragenen und räumlich gerechten Landesplanung liegen. Hiergegen wenden wir uns in aller Deutlichkeit und dürfen zu den einzelnen Kapiteln und Unterkapiteln des LEP-E wie folgt ausführen:

 

Leitbild

Eine ganzheitliche und übergeordnet koordinierte planerische Vorgehensweise ist vor dem Hintergrund der Komplexität der zu bewältigenden Aufgaben zu begrüßen. Allerdings darf die Stärkung der regionalen Planungsebene durch das LEP-E nicht dazu führen, dass die kommunale Planungshoheit, das kommunale Selbstverwaltungsrecht sowie die Entscheidungsfreiheit der örtlichen Gemeinschaft über die eigene Zukunft zu entscheiden, beschnitten werden. Daher sollte im Leitbild an geeigneter Stelle deutlich hervorgehoben werden, dass sich die lebendige Vielfallt Bayerns auch und gerade dadurch auszeichnet, dass leistungsfähige und selbstbewusste Kommunen im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung in die Lage versetzt werden, ihre Zukunft aktiv und eigenverantwortlich zu gestalten. Es fällt in diesem Zusammenhang auf, dass sich der Begriff des Subsidiaritätsprinzips auf 134 Seiten nur einmal findet. Auch sollte ergänzt werden, dass bei der besonderen Betonung der regionalen Planungsebene dem Gegenstromprinzip herausragende Bedeutung zukommt.

 

Vision Bayern 2035

Die im LEP-E verfolgte Bewahrung und „Wiederherstellung" von Naturräumen darf nicht dazu führen, dass die Entwicklung in peripheren Räumen Bayerns eingefroren bzw. gestoppt wird. Wir regen an, den betreffenden Passus zu ergänzen um den Nebensatz „... in Abstimmung mit den betroffenen Gemeinden".

 

1.1 Gleichwertigkeit und Nachhaltigkeit

Die Betonung des staatspolitischen Ziels einer räumlichen Gerechtigkeit wird begrüßt. Allerdings beunruhigen an mehreren Stellen des LEP-E Festlegungen, die stark darauf hindeuten, dass die Entwicklung von Landgemeinden und strukturschwacher Räume eingefroren werden soll und sich der Freistaat vom Prinzip der offenen Zukunfts- und Entwicklungschance aller Regionen und Kommunen verabschiedet. So wird auf Seite 14 festgestellt, dass regionale Unterschiede „anzunehmen sind". Es wird auf Seite 47 festgestellt, dass erforderliche Infrastrukturen der Daseinsvorsorge schwerpunktmäßig an zentralen Orten geschaffen werden sollen und dass Daseinsvorsorgeaufgaben im ländlichen Raum lediglich noch in „angemessenem Umfang und in angemessener Qualität gesichert" werden sollen. All dies sind Formulierungen, die ein Festhalten am Status quo für manche Räume befürchten lassen. Wir fordern dringend, diese Formulierungen zurückzunehmen und es bei den bisherigen Festlegungen zu belassen.

Die in 1.1.4 neu formulierten Grundsätze zur „zukunftsfähigen Daseinsvorsorge" und die in der Begründung hierzu erfolgte Betonung des Ziels der Sicherung und Förderung gleichwertiger Lebens- und Arbeitsbedingungen nehmen wir zur Kenntnis, wenngleich der Begriff der Daseinsvorsorge darin deutlich erweitert wird, insbesondere um die Bereiche „ambulante und stationäre Krankenversorgung" und „Grundversorgung mit Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs" (vgl. B zu 1.1.1 auf S. 14). Wir stellen in diesem Zusammenhang fest, dass damit keine Aussage zur jeweiligen Zuständigkeit (Staat, Kommunen oder andere Aufgabenträger) getroffen wird.

Die besondere Betonung junger Bevölkerungsgruppen in von Abwanderung betroffenen Regionen wird begrüßt. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass das LEP-E mit Blick auf die hierfür mitunter notwendige Wohnraumentwicklung einen inneren Zielkonflikt aufweist. Wenn junge Menschen gehalten oder sogar angezogen werden sollen, dann muss diesen auch ermöglicht werden, sich vor Ort ihren Wunsch Wohneigentum zu erfüllen. Siedlungsentwicklung daher zuvorderst an zentralen Orten zu ermöglichen und strenge Maßstäbe an die Siedlungsentwicklung in dünn besiedelten und von negativer Demografie betroffenen Räumen anzulegen, wird diesen Grundsatz konterkarieren.

 

1.3 Klimawandel

Die besondere Betonung klimaneutraler Planungen wird begrüßt. Die genaue Rolle von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten für den Klimawandel in Abgrenzung zu den bisherigen Festlegungsmöglichkeiten (regionale Grünzüge etc.) erschließt sich uns aber nicht. Mit Blick auf das Gegenstromprinzip ist darauf zu achten, dass das Umland sowie die Vorstädte der überhitzten Metropolen nicht durch eine neue Rolle als „Klimaentlastungsgebiete" in ihrer Entwicklung beschränkt werden. Gleiches gilt mit Blick auf die Stärkung des Themas der wichtigen Frischluftschneisen. So stellen beispielsweise die Umlandgemeinden der Landeshauptstadt München bereits heute schon verstärkt fest, dass dortige Planungen das Umland verstärkt mitdenken. Dies kann freilich einem gemeinsamen Ziel dienen, hat jedoch in enger Kooperation und Abstimmung zu erfolgen.

 

1.4.2 Telekommunikation

Die besondere Betonung der Rolle einer flächendeckenden Mobilfunkversorgung wird begrüßt. Die Pflicht zur Vorhaltung mindestens eines Standortes für die Errichtung einer Mobilfunkantenne durch die Gemeinde wirkt gegriffen und rechtstechnisch planerisch unausgegoren.

Die Entwurfsformulierung suggeriert eine Planungspflicht der Gemeinde. Da jedoch im Außenbereich die Errichtung von Mobilfunkanlagen privilegiert ist, wird sich dort im Regelfall ein Standort im Suchkreis finden. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist es den Gemeinden verwehrt, eine flächendeckende Mobilfunkversorgung durch die Bauleitplanung zu verhindern. Soweit daher im Innenbereich ausnahmsweise die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse bzw. die Festsetzungen des Bebauungsplans einer Baugenehmigung entgegenstehen, wäre eine flächendeckende Negativplanung im Außenbereich unzulässig.

 

2.2.5 Entwicklung und Ordnung des ländlichen Raums

Die besondere Befassung des LEP-E mit der Entwicklung des ländlichen Raums wird begrüßt. Insbesondere nehmen wir positiv zur Kenntnis, dass insbesondere die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des ländlichen Raums gestärkt und weiterentwickelt werden soll durch günstige Standortbedingungen, weitere Erwerbsmöglichkeiten, die land- und forstwirtschaftliche Produktion, regionale Initiativen, regionalen Tourismus. Wir betrachten dies gerade mit Blick auf die Entlastung überhitzter Metropolen sowie vor dem Hintergrund der durch die Corona-Krise entstandene „Lust am Land" als sinnvoll und der Realität entsprechend.

Allerdings stehen diese Festlegungen im Widerspruch zur davorstehenden Feststellung, wonach die Infrastruktur im ländlichen Raum schwerpunktmäßig in zentralen Orten weiterentwickelt werden soll. Nach unserem Dafürhalten muss es weiterhin Situationen geben dürfen, in denen jede Gemeinde Bayerns eine ihr sich bietende Chance, einen neuen Pfad beschreiten zu können, ergreifen darf. Dies gebietet der Kerngedanke des Subsidiaritätsprinzips sowie das Prinzip der räumlichen Gerechtigkeit. Ferner kollidiert die Festlegung der touristischen Entwicklung mit der geplanten Streichung der diesbezüglichen Ausnahme vom Anbindegebot.

Die besondere Betonung der Herausforderung dünn besiedelter Räume wird im Lichte der verfolgten räumlichen Gerechtigkeit begrüßt. Die damit verbundenen Festlegungen der Unterstützung eines leistungsfähigen Mobilfunkausbaus, eines bedarfsgerechten öffentlichen Verkehrs, einer Stärkung der Ortskerne sowie einer wohnortnahen Daseinsvorsorge nehmen wir zu Kenntnis. Wir weisen darauf hin, dass sich hieraus keine Zuständigkeitsverschiebungen zu Lasten der Gemeinden ergeben dürfen.

 

3. Siedlungsstruktur

Die dritte Festlegung (G) unter 3.1.1 (Integrierte Siedlungsentwicklung), wonach jegliche Entwicklung von Flächen für Wohnzwecke, gewerbliche Zwecke sowie für Versorgungs­und Freizeiteinrichtungen abgestimmt, insbesondere auf Grundlage interkommunaler Entwicklungskonzepte erfolgen soll, ist nach unserem Dafürhalten - insbesondere mit Blick auf den Vollzug durch die Regierungen und unteren Bauaufsichtsbehörden - zu apodiktisch formuliert. Wir teilen die Auffassung, dass eine gesamträumliche Betrachtung im Rahmen einer guten städtebaulichen Entwicklung immer geboten ist. Eine entsprechende gemeindeübergreifende Einbettung gewährleistet jedoch bereits das Gebot der interkommunalen Abstimmung nach § 2 Abs. 2 BauGB. Mit Blick auf Begutachtungsanforderungen, die bereits durch das Hinweisblatt "Anforderungen an die Prüfung des Bedarfs neuer Siedlungsflächen für Wohnen und Gewerbe im Rahmen der landesplanerischen Überprüfung" hervorgerufen wurden, steht zu befürchten, dass mit der genannten Festlegung nochmals weit darüberhinausgehende Begutachtungsanforderungen von den zuständigen Stellen eingefordert und entsprechende Hemmnisse aufgebaut werden. Wir regen daher an, die Formulierung wie folgt abzuwandeln:

Die Entwicklung von Flächen für Wohnzwecke, gewerbliche Zwecke sowie für Versorgungs- und Freizeiteinrichtungen sollen, soweit erforderlich, abgestimmt erfolgen. Auf der Grundlage interkommunaler Entwicklungskonzepte kann ein Ausgleich zwischen Gemeinden stattfinden.

Die Fortschreibung ignoriert in diesem Zusammenhang überdies vollständig, dass es bei einem interkommunal abgestimmten Verzicht einer Gemeinde auf Entwicklung keine Mechanismen für einen finanziellen Ausgleich gibt. Die entsprechende Festlegung ignorieren demnach die Realität der kommunalen Finanzen und fordert insoweit einen unter Umständen selbstschädigenden Entwicklungsverzicht.

 

Gleiches gilt für die vierte Festlegung unter 3.1.1, wonach die Ausweisung größerer Siedlungsflächen überwiegend an Standorten erfolgen soll, an denen ein räumlich gebündeltes Angebot an öffentlichen und privaten Dienstleistungs-, Versorgungs- und lnfrastruktureinrichtungen in fußläufiger Erreichbarkeit vorhanden sind oder geschaffen werden. Der unbestimmte Rechtsbegriff der "größeren Siedlungsfläche" sowie das aufgezählte breit gefächerte örtlich vorherrschende gebündelte Angebot an öffentlichen und privaten Einrichtungen werden für zahlreiche Landgemeinden, Grundzentren und ihre Ortsteile zu einem massiven Planungshindernis werden, sollten die zuständigen Stellen in Landratsamt und Re­gierung hieraus einen unangemessenen Prüfmaßstab entwickeln. Wir regen daher an, die genannte vierte Festlegung ersatzlos zu streichen.

Schließlich stellt es ebenfalls für zahlreiche Landgemeinden, Grundzentren und deren Ortsteile ein massives Planungshindernis dar, wenn in der zweiten Festlegung unter 3.1.2 (Abgestimmte Siedlungs- und Mobilitätsentwicklung) gefordert wird, dass jegliche Ausweisung neuer Siedlungsflächen vorrangig an Standorten mit leistungsfähigem Anschluss an das öffentliche Verkehrsnetz erfolgen soll. Wir teilen den damit verbundenen Gedanken, stetig weiter differenzierende Mobilität bestmöglich aufeinander abzustimmen. Die enge Formulierung lässt vielen Gemeinden jedoch keinen Handlungsspielraum für Planungen, die sich aufgrund einer örtlichen Lagegunst oder mit Blick auf die Grundstücksverfügbarkeit ergeben.

Wir regen daher dringend an, die Formulierung wie folgt abzuwandeln:

Die Ausweisung neuer Siedlungsflächen soll, soweit möglich, an Standorten mit gutem Anschluss an das öffentliche Verkehrsnetz erfolgen.

 

3.2 Innenentwicklung vor Außenentwicklung

Wir begrüßen die Debatte über den Vorrang der lnnenentwicklung, da ein vitaler Ortskern in unserem Interesse ist. Aus grundsätzlichen Erwägungen sowie aufgrund des in § 1 a Abs. 2 BauGB formulierten Vorrangs der lnnenentwicklung haben sich bereits viele Gemeinden auf den Weg einer substantiierten Ermittlung und Bewertung ihrer Innenentwicklungspotentiale gemacht. Die Flächenmanagementdatenbank des Landesamts für Umwelt oder der Vitalitätscheck der Ländlichen Entwicklung leisten hierzu einen wichtigen Beitrag. Dennoch muss das konkrete Vorgehen, die individuelle Ermittlungstiefe und der für notwendig erachtete Ermittlungsaufwand örtliche Angelegenheit der planenden Gemeinde bleiben. Die nunmehr unter 3.2 des LEP-E formulierten Festlegungen statuieren eine (nicht mehr im Rahmen der Abwägung zu behandelnde) Pflicht zur Innenentwicklung „um jeden Preis", die für jegliche Siedlungsentwicklung den konkreten Nachweis erfordert, dass konkrete Umsetzungsstrategien der Innenentwicklung „nachweislich" erfolglos geblieben sind. Dazu gehören ausweislich der Begründung zu 3.2., „regelmäßige Kontaktaufnahmen zu Eigentümern". Fraglich ist, ob dazu sodann auch bescheidsmäßige Baugebote mit darauf fußenden Enteignungen von Baulückeneigentümern zu zählen sind.

Wir betrachten die Festlegung als massiven Eingriff in die Planungshoheit. Es steht zu befürchten, dass den Regierungen und Landratsämtern damit im Rahmen von Neuausweisungen ein Freibrief für ein exzessives Hineindirigieren in den innersten Gestaltungsbereich der Städte und Gemeinden an die Hand gegeben wird. Die bisherige Formulierung sowie die in den letzten Jahren miteinander entwickelten Ermittlungs-, Abstimmungs- und Vollzugspraktiken ließen uns annehmen, dass wir uns gesamtgesellschaftlich in der Debatte um die Minderung der Flächeninanspruchnahme auf einen guten gemeinsamen Weg befinden. Der Dirigismus, der mit der nunmehr vorliegenden, weiter verschärften Formulierung verbunden ist, kann von unserer Seite nicht akzeptiert werden. Es steht überdies zu befürchten, dass die aufgestellten Hürden zu einer Bau-Entschleunigung führen werden. Wir regen an, die bisherige Formulierung beizubehalten und den eingeschlagenen Weg miteinander weiter zu gehen.

 

4. Mobilität und Verkehr

Wir weisen darauf hin, dass die Mobilitäts- und verkehrspolitischen Festlegungen mit den Zielen der Bundesregierung im Themenfeld Schienen-/Straßen-/Radwege abgestimmt werden sollten. Gerade im betreffenden Themenfeld vernehmen die kreisangehörigen Städte und Gemeinden seit Jahrzehnten einen Mangel an Abstimmung und Entschlossenheit.

 

6. Energieversorgung

Die Bemühungen, Lösungen für die großen Herausforderungen der Energiewende in Bayern durch differenziertere Ziele, Grundsätze und Begründungen anzubieten, sind grund­sätzlich zu begrüßen. Um die gewünschte Steuerungswirkung zu entfalten sind jedoch weitere Konkretisierungen wünschenswert:

Das Ziel 6.2.1 zum Ausbau der erneuerbaren Energien ist von zentraler Bedeutung. Wir sehen folgenden Ergänzungsbedarf:

Die Aussage, dass erneuerbare Energien „verstärkt zu erschließen" sind, ist unzureichend. In Kombination mit der neuen Begründung (die ursprüngliche konkrete Aussage soll gestrichen und nur noch darauf hingewiesen werden, dass sich Ziele aus den Vorgaben der verschiedenen Ebenen „ableiten") lässt dies nur den Schluss zu, dass der Freistaat keinen Orientierungsrahmen durch bayernweite Zielkorridore für die einzelnen Erzeugungsarten vorgeben möchte. Die energiepolitischen Erwartungen zu kennen, ist jedoch eine Voraussetzung dafür, dass die Ebenen der Regional- und Bauleitplanung nachhaltige Planungsentscheidungen treffen können. Des Weiteren ist erforderlich, dass den Kommunen flächenscharf ihre tatsächlich nutzbaren Potentiale vor Ort bezüglich der einzelnen Erzeugungsarten bekannt sind. Daher wäre eine Aussage in Hinblick auf das Erfordernis flächendeckender Energienutzungspläne hilfreich. Mit diesen Grundlagen könnten dann die Kommunen gesamtgesellschaftlich verantwortungsvolle Planungsentscheidungen treffen, in welchem Umfang sie Flächen für eine Energienutzung freigeben.

Wenn es beim 2. Grundsatz bei 6.2.3. heißt, dass „im notwendigen Maße" PV-FFA Nutzungen ermöglicht werden sollen, wird impliziert, dass der benötigte Umfang bekannt sei. Dies ist nicht der Fall. Weder ist die ungefähr benötigte Gesamtleistung/die Erzeugungsmenge PV bekannt, die Bayern anstrebt, noch besteht Klarheit darüber, wie sich das Mischungsverhältnis „Dach zu Freifläche" gestalten soll. Während die einen den Dachanteil eher gering ansetzen, gehen andere von einem 2/3-Anteil aus.

Der Zusatz, dass der Ausbau „dezentral in allen Teilräumen" stattzufinden habe, ist zu begrüßen. Wir bitten ergänzend in der Begründung zur Erläuterung z. B. zu formulieren:

„Alle Bereiche Bayerns haben nach ihren Potentialen den zur Erreichung der Ausbauziele erforderlichen Beitrag zu leisten. Auf eine angemessene Stadt-Land-Verteilung ist zu achten. Da die flächenintensiven Erzeugungsformen vornehmlich in den ländlichen Regionen situiert werden müssen, kommt den Ausbau von Dach-PV-Anlagen in den Siedlungsgebieten besondere Bedeutung zu."

Die Begründung zu 6.2.5 ist dahingehend zu hinterfragen, ob tatsächlich weitere, also zusätzliche Bio-Rohstoffe für die Energieerzeugung unerlässlich sind. So benötigen Biogasanlagen das 50fache an Fläche wie PV-Anlagen für die gleiche Stromerzeugungsmenge und sie stehen im Widerspruch zu den Biodiversitätszielen der Fortschreibung. In Anbetracht des gewaltigen Ausbaubedarfs an erneuerbaren Energien und dem damit verbundenen Druck auf die ländlichen Räume muss die Flächeneffizienz stärker in den Blickpunkt rücken. Mit einem Bruchteil der heute für den Maisanbau genutzten Fläche könnte der gesamte Flächenbedarf für PV-FFA gedeckt werden. Wir regen daher an, bei 6.2.5 folgenden Satz 3 aufzunehmen: „In Hinblick auf neue Anbauflächen ist bei Eignung für andere Energieerzeugungsarten die Effizienz für die Energieversorgung mit zu betrachten." Bei der Begründung bitten wir entsprechend Satz 3 wie folgt zu fassen: „Neben der Nutzung vorhandener ist die Erzeugung weitere Bio-Rohstoffe zu prüfen; bei Flächenkonkurrenz mit anderen Energieerzeugungsmöglichkeiten ist auf die Effizienz für die Energieversorgung zu achten."

Die Ausführungen in 6.2.6 werden ausdrücklich begrüßt. Die Bemühungen um den Ausbau der Tiefen Geothermie in Bayern sollten erheblich verstärkt werden.

 

7.2.2 Schutz des Grundwassers und der oberirdischen Gewässer

Vorrang der Wasserversorgung gegenüber privaten Entnahmen schützen

In der schon bisher im LEP enthaltenen Festlegung „Grundwasser soll bevorzugt der Trinkwasserversorgung dienen", sollte der Wortbestandteil „Trink" nach unserem Dafürhalten gestrichen werden. Diese Festlegung im LEP passt - wenngleich sie nicht neu ist - nicht zu § 50 Abs. 1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) aus dem Jahr 2010, wonach die der Allgemeinheit dienende öffentliche Wasserversorgung eine Aufgabe der Daseinsvorsorge ist.

Aufgabe der Daseinsvorsorge ist nicht nur die „Trink"-Wasserversorgung, sondern die gesamte öffentliche Wasserversorgung, einschließlich möglicher weiterer Zwecke der Wasserlieferung, mithin die Versorgung mit Brauchwasser oder sogar die Bereitstellung von Löschwasser. Daher ist es uns wichtig, dass im LEP - entsprechend der Formulierung im höherrangigen Bundeswasserhaushaltsgesetz - allgemein von Wasserversorgung und nicht eingeengt von Trinkwasserversorgung gesprochen wird. Zum einen gilt es, die gesamte Aufgabe der öffentlichen Wasserversorgung durch Grundwasser im LEP gegenüber privaten Entnahmen aus dem Grundwasser abzusichern. Zum anderen gibt es nur ein Wasserversorgungsnetz, das für die untrennbare Aufgabe der öffentlichen Wasserversorgung zur Verfügung steht. Eine Trennung nach Wassernutzungszwecken ist für die Wasserversorger nicht leistbar. Nachdem im Wasserhaushaltsgesetz zudem der Vorrang der gesamten Wasserversorgung auf Bundesebene festgelegt worden ist, ist es mit Bundesrecht nach unserem Dafürhalten unvereinbar, wenn im LEP eine Priorisierung des Trinkwassers bei der Wassergewinnung vorgenommen wird.

 

Ermächtigungsgrundlagen für Wasserversorger schaffen

Die nächste Festlegung im ersten Spiegelstrich unter 7.2.2 lautet:

„Der Trinkwasserversorgung soll bei der Grundwassernutzung, insbesondere vor der Bewässerung und in Trockenzeiten, der Vorzug gegeben werden."

Hier geht es - nach unserem Verständnis - um eine Priorisierung bei der Wasserverteilung. Diese wird - wenn Satz 1 entsprechend angepasst wird - mitgetragen. Dieser Satz scheint allerdings im LEP-E mit Blick auf die Wasserverteilung durch die Wasserversorger nicht richtig verortet, denn es handelt sich bei diesem Satz nicht um einen Planungsgrundsatz. Dieser Satz müsste vielmehr vom Gesetzgeber als wasserrechtliche Ermächtigungsgrundlage für die Wasserversorger bei der Wasserverteilung ausgestaltet werden. Wir geben an der Stelle zu bedenken, dass die amtliche Muster-Wasserabgabesatz (WAS) im Augenblick eine Begrenzung der Wasserbenutzung auf der Grundlage der § 6 und 7 WAS nur auf Antrag der Wassernutzer, jedoch nicht als Ermessensentscheidung der Wasserversorger kennt.

 

7.2.3 Wasserversorgung

Keine Regelungen zum „2.Standbein" im LEP

Ein neuer Grundsatz unter 7.2.3 soll lauten: „Öffentliche Wasserversorgungsanlagen sollen die notwendige Versorgungssicherheit durch mehrere unabhängige Trinkwassergewinnungen oder -zuführungen gewährleisten und hierzu möglichst mit anderen leistungsfähigen Anlagen verbunden werden."

Die Versorgungssicherheit ist ein wichtiges Ziel der Wasserversorger. Allerdings werden hier weitgehende Vorgaben an die Wasserversorger gestellt, die aus unserer Sicht nichts mit dem Landesentwicklungsprogramm zu tun haben, sondern vielmehr unmittelbar als Anforderungen an die Wasserversorger gerichtet werden. Auch der Ausdruck „sollen", der juristisch einem „müssen" sehr nahekommt, kann dazu führen, dass insbesondere viele dezentrale Anlagen zur Aufgabe gezwungen werden, weil sie ein sog. „zweites Standbein" für ihre Wasserversorgung aus guten Gründen im Einzelfall nicht sicherstellen können. Die Anforderungen an ein sog. „zweiten Standbein" sollten nach unserem Verständnis im bayerischen Wassergesetz und nicht über das LEP eingeführt werden.

 

Zusammenfassung zu Nr. 7.2.2 und 7.2.3

Die Wasserversorger haben die Aufgabe und die Pflicht, eine funktionierende Infrastruktur zur Verfügung zu stellen und ihren vielfältigen bestehenden Aufgaben und Lieferverpflichtungen nachzukommen. Die geänderten Formulierungen im LEP-E zielen nach unserem Verständnis nicht primär darauf ab, die öffentlichen Wasserversorger in ihrer Pflichterfüllung zu stärken. Vielmehr wird über das LEP ein Ausgangpunkt geschaffen, um die vom Staat gewährten Entnahmerechte von Grundwasser und von Tiefengrundwasser dauerhaft zu beschränken. Der Erhalt der kleinteilig strukturierten Wasserversorgung wird nach unserem Verständnis mit dem LEP-E stark erschwert.


Beschluss:

 

Das Gremium beschließt, die vorstehende Stellungnahme abzugeben.

 

Folgende Ergänzung wird mit aufgenommen:

4.5 Ziviler Luftverkehr

Im Entwurf für die Fortschreibung des LEP vom 14.12.2021 wird unter Punkt 4.5 „Ziviler Luftverkehr“ weiterhin die 3. Start- und Landebahn gefordert. „4.5.1 Für den Verkehrsflughafen München ist eine dritte Start- und Landebahn mit den erforderlichen Funktionsflächen zu errichten. Die für die weitere Entwicklung des Verkehrsflughafens München erforderliche Fläche ist als Vorranggebiet Flughafenentwicklung festgelegt.“

Diese beiden Sätze zu Punkt 4.5.1 LEP sollen aus der Fortschreibung gestrichen werden.